Info-Brief  Nr. 570


Befürchtungen und Erwartungen der Indios in Brasilien

Das Lager vor dem Justizministerium ist in den letzten Tagen größer geworden. Von Tocantins sind die Indios Krahô-Kanela und aus Alagoa die Vertreter Geripankó gekommen. Die Antworten der Regierung Lula sind nicht zufrieden stellend und die Gewalt steigt. Heuer wurden bereits 18 Indios ermordet. Die versprochene Neustrukturierung der FUNAI und die Gründung einer Kommission für Indigene Politik ist noch immer nicht realisiert.

Die Vertreter der Kaingang, Guarani und Xokleng, die seit dem 26.06.2003 ihr Lager aufgeschlagen haben, um die sofortige Regulierung von neun Gebieten in den Bundesstaaten Santa Catarina, Paraná und Rio Grande do Sul zu erwirken, trafen am 01.07.2003 Justizminister Márcio Thomaz Bastos und baten um die Unterzeichnung des deklaratorischen Erlasses für vier Territorien. Die anderen fünf Gebiete sollten laut FUNAI in 30 Tagen geregelt sein.

Während der Versammlung versicherte der Justizminister, man werde Massnahmen ergreifen. "Wir wollen alles daransetzen, um diese Probleme so schnell als möglich zu lösen", so Márcio Thomaz.

Tags darauf wurde den Vertretern ein Dokument, unterzeichnet von Sérgio Sérvulo da Cunha, dem Kabinettschef des Ministers, mit Fristen für die Analyse des jeweiligen Gebietes übergeben: Cantagalo, das Gebiet der Guarani in Rio Grande do Sul (30 Tage); Toldo Imbu, das Gebiet der Kaingang in Santa Catarina (etwa 40 Tage); Palmas, das Gebiet der Kaingang in Paraná und Santa Catarina (90 Tage); La Klañho, das Gebiet der Xokleng in Santa Catarina (120 Tage).

Für die Indios sind diese Fristen nicht akzeptabel, da das Dekret 1.775/96 für die Unterzeichnung des deklaratorischen Erlasses 30 Tage einräumt. Idalino, der Präsident der Kaziken von Santa Catarina betrachtet das Dokument als Versuch, den Protest in Brasília zu zerschlagen. "Wenn der Minister die Erlässe unterzeichnet, werden wir in unsere Gebiete zurückkehren. Für den Kaziken der Xokleng, Aniel Pripra, sind die Vorschläge "absurd". Er kündigt einen Gegenvorschlag seitens der indigenen Vertreter sowie "eine Frist für die Entscheidung des Ministers" an. "Entweder unterschreibt er oder er gesteht ein, dass er gegen die Indios ist".

Unterstützt werden die indigenen Völker von der Parlamentarischen Front zur Verteidigung der Rechte der Indigenen Völker und von der Bundesstaatsanwaltschaft.


Erpressungsversuche der Parlamentarier von Roraima

Mit dem Ziel, die Regierung Lula "in die Enge zu treiben" und die eigenen Interessen durchzusetzen, bietet die Bundesfraktion von Roraima ihre Stimmen zum Tauschhandel für die Steuer- und Sozialreform an.

Am 02.07.2003 sprach der Bundesabgeordnete Luciano Castro, Mitglied der Liberalen Partei, gegenüber der Zeitung Folha de Boa Vista von einem "günstigen Moment für die Politik von Roraima. Die Bundesregierung wird nur sehr schwer die benötigten 308 Stimmen zur Verabschiedung der Reform erreichen. Wir erwarten seitens des Planalto Aktionen für die Stimmen der Fraktion, wenn sie die Forderungen unterstützt".

Die acht Abgeordneten und drei Senatoren von Roraima haben am 03.07.2003 ein Treffen mit dem Chef-Minister des Zivilhauses, José Dirceu, und werden einen Brief mit ihren Forderungen übergeben. Laut Medien wollen die Politiker über 400 Millionen R$ und Unterstützung der Regierung für die Projekte der Parlamentarier im Kongress, darunter die Regelung des Bergbaus in indigenen Gebieten, eingebracht von Romero Jucá und die Übertragung der Kompetenz für die Demarkierung an den Senat (PEC 38), eingebracht von Mozarildo Cavalcanti.

Diese Projekte sind gegen das Recht der Indios auf ihre demarkierten Gebiete, wie das der Fall ist bei Raposa/Serra do Sol und zielen auf die Ausbeutung der Bodenschätze in demarkierten Territorien ab, vor allem im Gebiet Yanomami.


Vertreter Xukuru auf freiem Fuss

Vor knapp einem Jahr wurde der Xukuru João Campos da Silva (Dandão) der Ermordung von Francisco de Assis Santana (Chico Quelé) beschuldigt und verhaftet. Das Oberste Bundesgericht hat am 01.07.2003 einstimmig der Berufung auf die Habeas Corpus stattgegeben.

Die Entscheidung kommt auch dem Vize-Kaziken, José Barbosa dos Santos (Zé de Santa), zugute, gegen den Bundesrichter Dr. Antônio Bruno Moreira Untersuchungshaft verfügte. Die Berufung auf die Habeas Corpus wurde von der stellvertretenden Generalstaatsanwältin der Republik, Dra. Cláudia Sampaio, eingebracht und im Interesse des Indio vom stellvertretenden Generalstaatsanwalt Edson de Oliveira Almeida unterstützt.

Indigene Organisationen, Menschenrechtsorganisationen und der CIMI kritisierten die einseitigen polizeilichen Untersuchungen, die zur ungerechtfertigten Verhaftung des offensichtlich unschuldigen Indios führte.

Obwohl viel zu spät erfolgt, betrachtet der CIMI die Freilassung von Dandão und Zé de Santa als Signal, dass die Justiz nun doch die tatsächlichen Mörder von Chico Quelé bestrafen wird.

Brasília, 03. Juli 2003.
Indianermissionsrat - CIMI


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