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Info-Brief Nr. 561
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Indigene Völker übergeben Schlussdokument des Nationalen Treffens
Die Indios haben am 30. April 2003 das Schlussdokument vom Nationalen
Treffen der Völker und Organisationen Brasiliens an den Präsidenten
der Republik, die Präsidenten der Abgeordnetenkammer und des Senats,
an die Ministerien für Justiz, Bildung, Gesundheit und Umwelt sowie an
den Gerichtshof und die 6. Kammer übergeben.
Brasília, 30. April 2003.
CIMI Indianerrat
"Nationales Treffen der Indigenen Völker und Organisationen Brasiliens
25. bis 30. April 2003
Schlussdokument
Wir, indigene Vertreter von 54 Völkern aller Regionen des Landes,
haben uns vom 25. bis 30. April 2003 im Bildungszentrum Vicente Cañas,
Luziânia/GO beim Nationalen Treffen der Indigenen Völker und
Organisationen versammelt, an dem 250 Personen teilgenommen haben
und, ausgehend von der Realität unserer Gemeinschaften, die von uns
gewünschte indigene Politik diskutiert.
Wir sind zutiefst besorgt über die steigende Gewalt gegen unsere
Völker aufgrund fehlender Garantie unserer Gebiete und infolge von
Vorurteilen, die seit Jahresbeginn zur Ermordung von sieben Indios
führte.
Nach vier Monaten der neuen Regierung, die für uns Hoffnung statt
Angst war, überrascht uns die noch immer fehlende Definition der
indigenen Politik und die ungerechtfertigte Verzögerung der
Homologation der indigenen Gebiete. Die Prüfung der Demarkierung durch
den Nationalen Sicherheitsrat ist eine offenkundige Unrechtmässigkeit.
Die Gewalt gegen unsere Völker nimmt zu, aufgrund der Unfähigkeit der
Regierung unser historisches Recht auf die Gebiete, die wir traditionell besitzen,
zu garantieren.
Wir lehnen die Bevorzugung der Naturschutzgebiete in den indigenen
Gebieten ab, denn das steht im Widerspruch zu unserem Recht auf die
ausschliessliche Nutzniessung der natürlichen Reichtümer und bringt
enorme Schwierigkeiten für unsere Gemeinschaften mit sich.
Wir hoffen, dass der langjährige Einsatz der indigenen Bewegung zu
öffentlicher Politik in den Bereichen Bildung, Gesundheit sowie
spezifische und differenzierte Selbstversorgung führt, die sowohl die
ethnische als auch die kulturelle Vielfalt respektiert und
entsprechende Finanzen für ihre Umsetzung bereitstellt.
Wir lehnen den Vorschlag zur Verfassungsänderung Nr. 38 von Senator
Mozarildo Cavalcanti/RR ab, der die Ausdehnung der indigenen Gebiete
pro Bundesstaat begrenzen und unser ursprüngliches Recht auf unsere
traditionellen Gebiete aufheben will. Wir verurteilen auch die anderen
Vorschläge zur Verfassungsänderung und Gesetzesprojekte, die unsere
Rechte beschränken und Dritten die Ausbeutung der natürlichen
Ressourcen in unseren Gebieten ermöglichen.
Wir wollen unter Einbeziehung der indigenen Völker und Organisationen
die Verabschiedung des Statuts der Indigenen Völker, das unsere Rechte
stärken und unseren Bedürfnissen Rechnung tragen soll.
Wir betonen die grosse Bedeutung der Gründung der Parlamentarischen
Front zur Verteidigung der Indigenen Rechte und erwarten von ihr Unterstützung
für die Vorschläge der indigenen Bewegung.
Angesichts dieser Situation fordern wir:
- Die Gründung einer Kommission für indigene Politik, um die indigene
Politik des brasilianischen Staates unter voller indigener
Partizipation zu formulieren, bis ein Indigenes Ministerium gegründet
wird.
- Die Gründung eines Indigenen Ministeriums zur Stärkung der
öffentlichen Politiken, die unsere historischen und
verfassungsmässigen Rechte sichern und den konkreten Bedürfnissen
unserer Völker entsprechen.
- Die sofortige Homologation des indigenen Gebietes Raposa/Serra do
Sol und aller anderen Territorien, bei denen das Dekret der
Homologation seitens des Präsidenten der Republik noch aussteht.
- Die Bestrafung der Mörder unserer Vertreter (Aldo da Silva Mota -
Macuxi/RR; Leopoldo Crespo - Kaingang/RS; Marcos Veron -
Guarani-Kaiowá/MS; Adenilson Barbosa - Xucuru/PE; Joseilton José -
Atikum/PE; João Batista - Truká/PE; Roberto Batista - Truká/PE, Kazike
Joaquim - Xavante/MT und Raimundo Silvino - Shawanawá/AC) sowie eine
dringende Lösung des Problems, unter dem die Völker Xuxuru von
Ororubá/PE, Tuxá/BA, Pataxó Hã-Hã-Hãe/BA, Pataxó/BA,
Cinta Larga/RO und die Völker von Raposa/Serra do Sol leiden.
- Den sofortigen Abzug der Invasoren Holzhändler und Landbesetzer -
aus den Gebieten Uru-Eu-Wau-Wau und Karipuna in Rondônia sowie
Guajajara in Maranhão.
- Die Stärkung der Arbeitsgruppen zur Identifizierung und Abgrenzung
der indigenen Gebiete.
- Die Anerkennung der indigenen Völker, die sich wieder zu ihrer
Identität bekennen sowie die Demarkierung ihrer Gebiete.
- Den sofortigen Abzug illegaler Eindringlinge in traditionelle
Gebiete um unser Recht zu sichern und die Gewalt zu beenden.
- Dringende Massnahmen, um alle Wasserkraftwerke zu unterbinden, die
Auswirkungen für das indigene Gebiet Rio Branco in der Gemeinde Alta
Floresta/RO haben. Sie bedrohen das physische und kulturelle Überleben
der Indios, wie das Beispiel der Tuxá in Bahia zeigt.
- Die Garantie gemäss Artikel 231 der Bundesverfassung der
ausschliesslichen Nutzniessung der natürlichen Ressourcen durch die
indigenen Gemeinschaften sowie die Verhinderung der Ausbeutung durch
Dritte.
- Die Aufhebung von Dekret 1.775/96, das unsere Rechte auf Land
beschneidet sowie des offensichtlich verfassungswidrigen Dekrets
4.412/02, das Aktivitäten der Militärs und der Bundespolizei in den
indigenen Gebieten regelt.
- Die Verabschiedung des Statuts der Indigenen Völker durch den
Nationalkongress.
- Die Aufhebung der Naturschutzgebiete innerhalb von indigenen
Gebieten.
- Die Garantie von besonderen finanziellen Mitteln im Mehrjahresplan
2004 bis 2007 für die Demarkierung und den Schutz von Gebieten, für
Gesundheit, Bildung und Selbstversorgung unserer Völker.
- Eine nationale Konferenz für indigene Schulbildung.
- Ein Nationales Sekretariat für indigene Schulbildung im Ministerium
für Bildung.
- Einen indigenen Vertreter in der Obersten Kammer des Nationalen
Bildungsrates.
- Die indigene Partizipation bei den technischen Teams in den
Abteilungen, die für die indigene Schulbildung zuständig sind sowie im
Bildungsministerium und in den Sekretariaten der Bundesstaaten.
- Administrative und finanzielle Autonomie der Distrikte für
indigene Gesundheit, Garantie der Bundeskompetenz und Umsetzung der
Resolutionen der III. Nationalen Konferenz für Gesundheit.
- Vier indigene Vertreter im Nationalen Rat für Gesundheit.
- Die indigene Partizipation und Ämter in den Direktionen der
Gesundheitsdistrikte.
- Die Entlassung des Koordinators der Abteilung für Indigene
Gesundheit der nationalen Gesundheitsstiftung.
- Entsprechende Bedingungen für die Stärkung der sozialen Kontrolle
der öffentlichen Politik für unsere Völker.
- Eine spezifische Politik für die Selbstversorgung unserer
Gemeinschaften durch Programme, die auf den Schutz und die Bewahrung
der Umwelt in unseren Gebieten abzielt sowie Unterstützung für
indigene Wirtschaftsformen und die Zertifikation unserer Produkte.
"Wir wollen mehr Respekt für unsere Lebensweise auch in Zukunft".
(Augusto Kaingang, Kazike der Aldai Irai/RS)
Luziânia - GO, 30. April 2003."
Brasília, 30. April 2003.
Indianermissionsrat - CIMI
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