Info-Brief  Nr. 533


Die Indios und das Wahlergebnis

Der Absturz eines Flugzeuges mit fünf Menschen und zehn elektronischen Urnen für die indigenen Gebieten am Oberen Rio Negro überschattete die Wahlen im Bundesstaat Amazonas. Hinsichtlich des Wahlausganges entfielen auf die 20 indigenen Kandidaten etwas mehr als 13.000 der landesweit rund 200.000 indigenen Stimmen. Die "ethnische Stimme³ bleibt weiter mehr Wunsch als Realität.

Für das Ergebnis gibt es einige Ursachen: geringe historische Bedeutung der Parteipolitik in den Aldeias, hohe Kosten für den Wahlkampf, Mißtrauen in die eigene Parteipolitik, fehlendes Verständnis für indigene Kandidaten in der nichtindigenen Gesellschaft. Trotzdem hat innerhalb der indigenen Bewegung das Bewusstsein für die politische Partizipation zugenommen. Die Zahl der indigenen Kandidaten ist seit den letzen Wahlen von 14 auf 20 gestiegen. Bis zum nächsten Urnengang wird von den Regierenden die Beziehung des Staates und der nationalen Gesellschaft zu den indigenen Völkern zu prüfen sein. Zu klären ist die Frage, in welcher Form die politische Partizipation der Indios gesichert werden kann. Beispiele dafür gibt es bereits in anderen Ländern.

Auch wenn kein Indio einen Wahlsieg erreichte, so konnten die indigenen Kandidaten der linken Parteien die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Im Bundesstaat Acre wurde die Senatorin Marina Silva wiedergewählt und ihr Stellvertreter, Antônio Ferreira da Silva vom Volk der Apurinã, gleichzeitig bestätigt.


Indigene Kandidaten für das Amt des Bundesabgeordneten

Name Bundesstaat Volk Partei Stimmen Amanuá Seus MT Kamayurá PMDB 1.504 Evilasio Pereira da Silva PE Fulni-ô PPS 487 José Adalberto Silva RR Macuxi PC do B 2.291 Stimmen gesamt 4.282

Indigene Kandidaten für das Amt des Abgeordneten im Bundesstaat José Osair Sales (Siã) AC Kaxinawá PV 742 Mario Karipuna AP Karipuna PSB 1.977 Francisco de Oliveira Lima DF Tabajara PSL 85 José Alírio Gomes Índio MG Aranã PMDB 396 Marta da Silva Vito MS Guarani-Kaiowá PT 1.462 Mariano Justino Marcos Terena MS Terena PST 237 Laércio Marques Pereira MS Terena PV 116 Lúcio Paiva Flores MT Terena PT 779 Tapiet Kayapó PA Kayapó PSB 309 Almir Narayamoga Suruí RO Suruí PV 577 Clóvis Ambrósio RR Wapixana PT 269 José França Miguel RR Makuxi PRTB 273 Gilberto Pedrosa Lima RR Makuxi PSD 37 Rodrigo Batista Pinto RR Makuxi PFL 341 Jonas de Souza Marcolino RR Makuxi PFL 703 Sebastião Bento da Silva RR Wapixana PFL 143 Gabriel Poti SC Guarani PPS 643 Stimmen gesamt 9.089


Verfassungswidriges Dekret gegen die indigenen Völker

Am 08.10.2002 wurde im Amtsblatt des Bundes das Dekret 4.412 veröffentlicht, das Präsident Fernando Henrique Cardoso erlassen hat. Es "verfügt über Handlungen der Streitkräfte und der Bundespolizei in indigenen Gebieten und legt andere Massnahmen fest³.

Die Regierung Cardoso setzt sich wieder über die Bundesverfassung hinweg, laut der alle Anordnungen nichtig sind, die auf die Besetzung und den Besitz von indigenen Gebieten abzielen. Der Bund ist zwar Eigentümer der Gebiete, die allerdings den indigenen Völkern zur ständigen Nutzniessung übertragen worden sind.

Der Artikel 3 des Dekrets lässt ein Eingreifen der Streitkräfte und der Bundespolizei zu, wenn es sich um die "Überwindung von möglichen Konflikten oder Spannungen handelt, an denen Indios oder indigene Gruppen beteiligt sind³. Es ist nicht die Aufgabe dieser Organe, interethnische Konflikte beizulegen. Die Kompetenz in dieser Frage kommt der FUNAI zu. In vielen Fällen kann der FUNAI-Präsident die Vorgangsweise entscheiden und braucht dazu kein Dekret.

Der CIMI hat eine Eingabe an die Staatsanwalt der Republik und an den Bundesrat der Brasilianischen Anwaltskammer übermittelt, um beim Obersten Bundesgericht die Beweisführung der Verfassungswidrigkeit dieses Dekrets aufzunehmen.

Diese Regierung demonstriert wieder einmal ihre Präpotenz. Statt die Verfassung umzusetzen, werden verfassungswidrige Dekrete erlassen, statt mit den indigenen Völkern den Dialog zu suchen, werden Wege eröffnet, um ihr physisches und kulturelles Überleben zu bedrohen.

Brasília, 10. Oktober 2002
Indianermissionsrat - CIMI


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