Info-Brief  Nr. 458

Wende im Mordfall Marçal Tupã-i

Die 2. Kammer des Obersten Bundesgerichtes hat am 17.04. einstimmig den Freispruch von Líbero Monteiro de Lima aufgehoben. Der Fazendeiro ist Auftraggeber der Ermordung von Marçal Tupã-i im November 1983 in der Gemeinde Antonio João (Mato Grosso do Sul). Das Gericht schloss sich dem Berichterstatter Maurício Correia an und annullierte den Prozess. Berufung beim Obersten Bundesgericht hat die Tochter von Marçal, Edna Silva Souza, eingelegt. Sie klagte über schwere Fehler seitens der Verteidigung des Fazendeiros. Laut den Indios verschwanden wichtige Beweise oder wurden nach der legalen Frist vorgelegt. Die Justiz des Bundesstaates hat sich über diese Fakten hinweggesetzt und Líbero Monteiro bei zwei Prozessen, 1993 und 1998, freigesprochen.

Die indigenen Völker setzten alles daran, um die Bundesjustiz mit diesem Fall zu befassen. Sie treten grundsätzlich dafür ein, dass alle Verbrechen gegen Indios auf Bundesebene verhandelt werden. Aufgrund der Entscheidung des Obersten Bundesgerichtes geht der Fall in die Phase der Anklage zurück. Ein neuer Prozess gegen Líbero Monteiro de Lima wird festgelegt.

Der Indio Guarani Marçal de Souza wurde am 25.11.1983, gegen 20:00 Uhr, in der Aldeia Campestre von Pistoleiros getötet. Der Auftrag dazu kam von Líbero Monteiro de Lima.

Marçal Tupã-i, Krankenpfleger der FUNAI, war einer der wichtigsten Vertreter der Guarani und Kaiová innerhalb der nationalen indigenen Bewegung zur Verteidigung der Demarkierung traditioneller Gebiete. Er befürwortete den Widerstand der Indios gegen Räumungen und kritisierte versuchte Beeinflussungen. Wiederholt wurde er dafür bedroht, etwa weil er 5 Millionen Cruzeiros ablehnte. Diese Summe bot man ihm, um die Gemeinschaft Pirakuá in der Gemeinde Bela Vista zum Verlassen jenes Gebietes zu bewegen, das der Fazendeiro und Holzhändler, Líbero Monteiro de Lima, Besitzer der Fazenda Serra Brava, für sich beansprucht.

Der Tod von Marçal Tupã-i war der Beginn von Gebietsrückgewinnungen. Neben dem Territorium der Pirakuá wurden in den letzten 15 Jahren weitere 10 Gebiete garantiert. Die Aufhebung des Freispruchs ist ein Sieg für die indigenen Völker Brasiliens, die gegen die Straffreiheit von Verbrechen gegen Indios ankämpfen.

Gutachten der Generalstaatsanwaltschaft des Bundes begünstigt Pataxó-Hã-Hã-Hãe

Der Generalstaatsanwalt der Republik, Geraldo Brindeiro, stellte am 19.04. eine Gutachten zugunsten der Pataxó-Hã-Hã-Hãe aus, die in einem Zivilverfahren die Aufhebung von Besitztiteln und Grundbucheintragungen angestrengt haben, die von der Regierung des Bundesstaates Bahia an Fazendeiros ausgegeben wurden, die in das Gebiet Caramuru Catarina Paraguasu eingedrungen sind.

Das Verfahren stand beim Obersten Bundesgericht seit 1982 zur Behandlung an. Das Gutachten des Staatsanwaltes wurde seit Oktober 2000 erwartet, als Grundlage für die Entscheidung des berichterstattenden Richters, Nelson Jobim. Die Regulierung des indigenen Gebietes in Pau Brasil (BA) hängt vom Ausgang dieses Verfahrens des Obersten Gerichts ab. Im Zusammenhang mit dieser Landfrage kam Galdino Jesus dos Santos nach Brasília, wo er am 20.04.1997 verbrannt wurde. Anlässlich des 4. Todestages forderten in der Vorwoche Angehörige im Rahmen einer Gedenkveranstaltung Gerechtigkeit für Galdino und die Demarkierung des Gebietes Pataxó Hã-Hã-Hãe.

Eine internationale Unterschriftenkampagne, die sich an das Oberste Gericht wendet, hat die dringliche Behandlung des Verfahrens zum Ziel. Die Pataxó Hã-Hã-Hãe fordern die Demarkierung von 53.400 ha, die von 280 Fazendeiros invadiert sind. Auskünfte über die Kampagne gibt die Homepage: http://www.cimi.org.br

Proteste gegen Gerichtsentscheid zur Fortsetzung des Kasernenbaus

In einer Erklärung verurteilen der CIMI und der Indianerrat von Roraima (CIR) die Entscheidung des Regionalen Bundesgerichts der 1. Region in Brasília, das den Bau der 6. Sonderkaserne, 200 m neben der Maloca Uiramutã im Gebiet Raposa/Serra do Sol, genehmigte. Das am 17.04. vom berichterstattenden Richter der 6. Kammer des Regionalen Bundesgerichts verkündete Urteil geht auf eine Berufung seitens der Generalanwaltschaft des Bundes zurück, die eine Überprüfung der Entscheidung von Richter Helder Girão von Roraima anordnete. Richter Helder Girão hat die von der indigenen Gemeinschaft beantragte Aufhebung des Baus festgelegt. Im Februar hat der Präsident des Gerichts, Tourinho Neto, die Entscheidung der Justiz in Roraima bestätigt.

Die Generalanwaltschaft hat Einspruch aufgrund der Geschäftsordnung eingelegt. Die Nachricht über die jüngste richterliche Entscheidung wurde am Vorabend des Tages des Indios bekannt. Die bestürzten Teilnehmer der Indigenen Versammlung in Luziânia (GO) bekundeten ihre Solidarität mit den indigenen Völkern von Roraima und kritisierten die Entscheidung. Die Bundesstaatsanwaltschaft und die Indios kündigen Berufung gegen das Urteil von Richter Daniel Paes Ribeiro an.

Für CIMI ist die Kaserne ein Projekt der antiindigenen Kräfte von Roraima, die mit allen Mitteln die Demarkierung des Gebietes verhindern wollen. Erleichtert werden soll auch der Zutritt von Garimpeiros, Fazendeiros und anderen Sektoren, die gegen die Regelung von indigenem Land sind.

Am 20./21.02. haben die Völker Macuxi, Wapixana, Taurepang, Pantamona und Ingarikó während des Besuches von Richtern und des Präsidenten des Regionalen Bundesgerichts sowie von Vertretern der Bundesstaatsanwaltschaft und Autoritäten des Bundesstaates in Raposa/Serra do Sol gegen das Vorhaben protestiert. Die Indios betrachten die Kaserne als Invasion und fordern den Respekt ihrer Verfassungsrechte. Ohne mit den indigenen Gemeinschaften zu diskutieren, wurde mittels Erlass Nº 820/98 das Territorium Raposa/Serra do Sol zum Zweck des Kasernenbaus verkleinert. Der Bau wird negative Auswirkungen für die indigenen Völker haben. Eine Kaserne an diesem Ort bedeutet die Auslöschung der Gemeinschaft von Uiramutã , so die Indios.

Die Indios beklagen die Gewalt, die vom Heer ausgeht und befürchten eine Verschärfung. In der Nähe von militärischen Einheiten würden Prostitution, Geschlechtskrankheiten und Alkoholismus zunehmen. Sie erinnerten an den sexuellen Missbrauch von Yanomami-Frauen in Surucucus (RR) und in São Gabriel da Cachoeira (AM).

Im Rahmen einer internationalen Kampagne fordert der CIR die Homologation von Raposa/Serra do Sol und die Einstellung des Kasernenbaus. Für die Indios ist das Bauprojekt eine Stärkung der Gemeinde Uiramutã, die illegal innerhalb des indigenen Gebietes gegründet wurde, um die Homologation als zusammenhängendes Gebiet zu verhindern. Briefe oder Karten sollen geschickt werden an Präsident Fernando Henrique Cardoso, Justizminister José Gregori, FUNAI-Präsident Glênio Alvarez sowie an den Bundesabgeordneten Nelson Pelegrino (PT-BA), den Präsidenten der Kommission für Menschenrechte der Abgeordnetenkammer.

Brasília, 26. April 2001
Indianermissionsrat - CIMI




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