Info-Brief  Nr. 423

UNO befasst sich mit Menschenrechtsverletzung seitens der Regierung

Ausgehend von einer Eingabe gegen die brasilianische Regierung fordert die Kommission für Menschenrechte der Vereinten Nationen (UNO) vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten einen Bericht über ergriffene Massnahmen hinsichtlich der Gewalt in Raposa/Serra do Sol (RR) und der Ermordung von Xicão Xukuru am 20.05.1998. Die Eingabe stützt sich auf die Resolution 1503 des Wirtschafts- und Sozialrates der UNO (ESOSOC) über die Verletzung von Menschenrechten und verlangt den Schutz der physischen Integrität der Völker von Raposa/Serra do Sol.

Die Vereinten Nationen wollen Auskunft von der Regierung über die Untersuchung der Aggressionen gegen den Makuxi Paulo José de Souza (Schussverletzung), gegen den CIMI-Mitarbeiter Egon Heck (Stickverletzung) sowie der Ermordung der Makuxi Regelino Nascimento de Souza und Renan Alemeida André in Raposa/Serra do Sol.

Weiters fordert die Kommission die Regierung Brasiliens auf, über die Schritte zur Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen für den Tod von Francisco de Assis Araújo zu informieren. Kazike Xicão Xukuru wurde von einem Pistoleiro im Auftrag von Fazendeiros ermordet, die in das Gebiet Xukuru in Pesqueira (PE) eingedrungen sind.

Keiner der Täter wurde verhaftet oder bestraft. Diese Straffreiheit fördert die Konflikte sowohl in Raposa/Serra do Sol, wo die indigenen Völker noch immer auf die Homologation ihres bereits demarkierten Territoriums warten wie auch in Pesqueira, wo die Xukuru nur über 2.300 der ihnen zustehenden 27.000 ha verfügen können, da 81 Fazendas auf diesem Land angesiedelt wurden.

Minister verweigert indigene Delegation in Brasília zu empfangen

Eine indigene Delegation von 40 Vertretern der Xukuru und Pankararu, die in Brasília über die Beschleunigung der Demarkierung ihrer Gebiete verhandeln wollte, bemühte sich zwei Wochen vergeblich um eine Audienz mit Justizminister José Gregori. Erst am 10.08. entsandte der Minister seinen Referenten für Indigene Angelegenheiten, Sérgio Leitão, zu einem Gespräch mit den Indios im Kabinett des FUNAI-Präsidenten, Glˆnio da Costa Alvarez.

Die indigenen Vertreter Xukuru fordern die Homologation ihrer Gebiete durch den Präsidenten der Republik und klagen einmal mehr über die Interessen der Familie von Vize-Präsident Marco Maciel, die Teile des Xukuru-Landes für sich beansprucht. Es handelt sich um ein politisches Hindernis, erklärte Kazike Marcos Araújo. Neben der dringenden Demarkierung erbitten die Indios von der Regierung die Freigabe von finanziellen Mitteln für Entschädigungen. Solange das nicht gemacht wird, dauert der Konflikt an. Die indigenen Völker haben die Toleranzgrenze erreicht, betonte Vize-Kazike Zé de Santa.

Der Fall Xicão

Beim Gespräch mit dem Referenten des Ministers drängten die Indios auf die Bestrafung der Verantwortlichen für den Tod von Xicão und kündigten an, die Vereinten Nationen über die völlige Untätigkeit der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit dem Verbrechen zu informieren.

Referent Sérgio Leitão versprach, in einem offizielle Schreiben die Bundespolizei zum Abschluss der Untersuchung und zur Aufklärung der Anzeigen über Morddrohungen gegen Indios aufzufordern. Leitão versicherte, er wolle einen Situationsbericht über das Gebiet Xukuru für Minister José Gregori verfassen, damit dieser die Frage bei der ersten Audienz mit dem Präsidenten der Republik zur Sprache bringen könne. Der FUNAI-Präsident präsentierte der indigenen Delegation eine Liste mit 29 Territorien, darunter auch Xukuru, die laut Justizminister bei der Finanzvergabe für Entschädigungen vorrangig behandelt werden. Die Indios warten nun in Brasília auf das Schriftstück über die Verpflichtung der Regierung, um es den Völkern in Pernambuco vorzulegen.

Zwei Guarani-Kaiowá in Mato Grosso do Sul angeschossen

Die Zivilpolizei der Gemeinde Paranhos (MS) wird in den nächsten Tagen den Aufseher der Fazenda Polegar, Aristeu Campos, vernehmen. Er hat mutmasslich am 05.08. Sebastião Gonçalves und Cornélio Rodrigues von der Aldeia Arroio Corá angeschossen. Der Zustand der in das Krankenhaus Evangélico in Dourados eingelieferten Indios ist kritisch.

Die Guarani-Kaiowá waren beim Jagen, als sich Aristeu Campos, bekannt als Paraguaio und andere Arbeiter der Fazenda ihnen in den Weg stellten. Nachdem man ihnen das erlegte Wild abgenommen hatte, feuerten die Arbeiter auf die Indios, denen es gelang, den Hauptverdächtigen Aristeu zu überwältigen und der Polizei zu übergeben.

Obwohl der Aufseher auf frischer Tat ertappt und ihm die Waffe abgenommen wurde, blieb er auf freiem Fuss. Darüber aufgebrachte Indios gingen auf ihn los. Seine Einlieferung in das regionale Krankenhaus in Amambaí begleiteten zivile Beamte des Kommissariats von Paranhos.

Für den Rechtsanwalt von CIMI in Mato Grosso do Sul, Maucir Pauletti, ist der Konflikt zwischen den landwirtschaftlichen Produzenten und den Guarani-Kaiowá die Folge der Untätigkeit der FUNAI, die noch immer keine Technikergruppe zur Identifizierung des vor über acht Monaten zurückgewonnenen Gebietes bereitgestellt hat.

Bescheid für die Demarkierung von Baú

Der am 04.08. im Amtsblatt des Bundes veröffentlichte Bescheid N§ 60 von Justizminister José Gregori beauftragt die FUNAI mit der Demarkierung des indigenen Gebiets Baú mit einer Ausdehnung von 1,85 Millionen ha laut Erlass N§ 645/91 des damaligen Justizministers Jarbas Passarinho. Dieser Bescheid hat keine Auswirkungen auf jene Entscheidung, in der Ex-Minister Nelson Jobim die Verkleinerung des Gebietes um 350.000 ha festlegte.

Seit dem Bekanntwerden der Anordnung üben die Invasoren Druck auf die Präfektur Novo Progresso auf, damit diese gegen den ministeriellen Bescheid Einspruch erhebt, um die Demarkierung von Baú zu verhindern.

Die Situation im Gebiet ist angespannt, obwohl die Kayapó am 04.08. jene Touristen freigelassen haben, die als Fischer in ihr Territorium eingedrungen sind. Die Freilassung der Geiseln erfolgte erst nach einer Zusage der Regierung, bei der Grenzziehung auch das rechte Ufer des Curuá einzubeziehen, wie 1991 garantiert wurde.

Brasília, 10. August 2000
Indianermissionsrat - CIMI



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