Info-Brief  Nr. 418

Provisorische Massnahme ist Angriff auf indigene Rechte

Trotz der Proteste zahlreicher Organisationen der zivilen Gesellschaft wurde am 30. Juni im Amtsblatt des Bundes die Provisorische Massnahme N§ 2.052 veröffentlicht, die den Zugang zu genetischen Ressourcen regelt. Laut Zeitung Folha de São Paulo will die Regierung mit diesen Regelungen das rechtliche Vakuum bei der Ausarbeitung von Verträgen über genetische Studien für die Entwicklung von Patenten für Bakterien, Pilze, Pflanzen und Tiere in Brasilien füllen. Dahinter steht die tatsächliche Absicht, Wege zu ebnen, für skandalöse Verträge mit der pharmazeutischen Industrie, etwa der schweizer Firma Novartis und der Bioamazônia. Aufgrund unzähliger Reaktionen und Proteste sind die Verhandlungen mit diesen beiden Unternehmen ins Stocken geraten.

Das Brasilianische Forum der Nicht-Regierungs-Organisationen sowie soziale Bewegungen für Umwelt und Entwicklung verurteilten in einem Schreiben an die Präsidentschaft der Republik die Provisorische Massnahme als ungeeignetes Instrument zur Regelung des Zugangs zu genetischen Ressourcen. Kritisiert wird auch die Missachtung der mehr als acht Jahre dauernden Debatten zwischen Nationalkongress und interessierten Sektoren. Eine für das Land wirtschaftlich und ökologisch strategisch wichtige Aktivität mittels Provisorischer Massnahme zu regeln schafft völlige Rechtsunsicherheit für bereits geführte Verhandlungen, heisst es im Brief. In antidemokratischer Weise sieht Artikel 11 einen interministeriellen Rat vor, mit der Kompetenz zu kontrollieren, zu regulieren und über den Zugang zu genetischen Ressourcen zu bestimmen.

Mit dieser Provisorischen Massnahme setzt sich die Bundesregierung auch über drei im Kongress vorliegende Gesetzesprojekte zu dieser Materie hinweg. Eines davon hat die Bundesregierung sogar selbst eingebracht. Ein anderes geht auf die Senatorin Marina Silva (PT-AC) zurück, das der Senat bereits approbiert hat und das zur Bewertung an eine Sonderkommission der Abgeordnetenkammer geleitet wurde.

Hinsichtlich des traditionellen Wissens der indigenen Völker stellt die Provisorische Massnahme N§ 2.052 einen Angriff auf das in Artikel 231 garantierte Verfassungsrecht dar. Sie ignoriert unter anderem das Recht der Indios auf die ausschliessliche Nutzniessung von natürlichen Ressourcen und überträgt die Macht der Genehmigung von Studien über traditionelle Kenntnisse der indigenen Gemeinschaften auf die Bundesregierung

In den sechs Jahren ihres Mandats hat sich die Regierung von Präsident Fernando Henrique Cardoso am häufigsten der Provisorischen Massnahme bedient. Sie tritt in der kurzen Frist von 30 Tagen in Kraft und wird oft als Instrument für den Schacher missbraucht. Ihr ursprünglicher Inhalt kann aufgrund des politischen Drucks auf die Exekutive geändert werden, wie das der Fall war, bei der Provisorischen Massnahme N§ 1.956, die den Kodex für das Forstwesen veränderte, kritisieren die Organisationen des Forums.

Brasília, 06. Juli 2000
Indianermissionsrat - CIMI



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