Info-Brief  Nr. 405

Sonderausgabe

Polizei zerstört indigenes Denkmal

Mehr als 200 Militärpolizisten sind am 04.04. gegen 22:00 Uhr willkürlich in das indigene Gebiet Coroa Vermelha eingedrungen und zerstörten das Denkmal, das die Pataxó zur Erinnerung an die ermordeten Indios während der 500 Jahre dauernden Invasion errichtet haben. Das Monument des Widerstandes befand sich in der Nähe des Stahlkreuzes, das am 17.03. im Auftrag der Bundesregierung konstruiert wurde, anstelle des von den Indios in den 30er Jahren errichteten Holzkreuzes. Aktionen seitens der Militärpolizei in indigenen Gebieten sind unzulässig. Es lag auch keine richterliche Anordnung vor, die das Eindringen gerechtfertigt hätte. Eine polizeiliche Sperre verhinderte die Annäherung von protestierenden Personen. Kazike Carajá, der das Vorgehen kritisierte, wurde mit einem Maschinengewehr bedroht.

Während der Indigenen Konferenz vom 18. - 22.04. sollte das Monument inauguriert werden. Auf Stein sind in die Karte von Lateinamerika indigene Kunstwerke über die Situation vor der Ankunft der Portugiesen gemeisselt. Von Beginn an versuchte man das Denkmal zu verhindert. Am 03.04. störten Mitarbeiter des Rats für Regionale Entwicklung (CONDER), der die offiziellen Bauten verwaltet, die Indios mit Beschimpfungen bei der Arbeit und erklärten, bis zum 26.04. dürften sie kein Werk an diesem Ort ausführen. Lachend und spottend traten sie auf die Tafel mit der Inschrift.

Die nächste Einschüchterung ging von Funktionäre der Gemeinde Santa Cruz von Cabrália und vom staatlichen Zentrum für Umweltressourcen (CRA) aus. Dem Komitee für die Vorbereitung der Indigenen Konferenz kündigten sie ein Embargo an. Die öffentlichen Organe behaupteten, es handle sich um ein Gebiet des Umweltschutzes für das eine offizielle Genehmigung erforderlich sei. Das Argument ist haltlos, da indigenes Recht auf Land Vorrang vor Umweltrecht geniesst. Zudem wurde Coroa Vermelha illegal zum ökologischen Schutzgebiet erklärt.

Die Pataxó informierten die FUNAI und die Staatsanwaltschaft der Republik in Ilhéus über die Willkürakte und baten um Unterstützung, damit das von ihnen geplante Denkmal ohne weitere Beeinträchtigung fertig gestellt werden kann.

Mit dieser politischen Aktion beweisen die Bundesregierung und die Regierungen der Bundesstaaten, dass sie kein Verständnis für die indigenen Völker haben, die gegen die pompösen Feierlichkeiten sind. Aus diesem Grund wollen sie am Ort der offiziellen Feiern auch kein indigenes Mahnmal.

Die Bauten der Bundesregierung im indigenen Territorien sind eine Missachtung von Artikel 231, õ 6 der Bundesverfassung, der für diese Vorhaben den Nachweis von ÿrelevanten Interessen des Bundes verlangt, wofür ein ergänzendes Gesetz notwendig ist.

Coroa Vermelha ist infolge der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein Bericht über die Umweltauswirkungen wurde nie erstellt. Als aber die Indios ihre Kultur in einem Kunstwerk zum Ausdruck bringen wollten, wurden sie daran gehindert.

Die Gemeinschaft der Pataxó ist aufgebracht und fordert von der Staatsanwaltschaft und dem Justizministerium sofortige Massnahmen, eine Bestrafung der illegalen Invasionen und die Garantie ihres traditionellen Gebietes.

Santa Cruz Cabrália, 04. April 2000
Indianermissionsrat - CIMI




Cimi Info-Brief 405

Brasilien: Pataxó wollen am Denkmal weiterarbeiten

Einen Tag nach der Zerstörung des Monuments des Widerstandes ist die Militärpolizei noch immer in Coroa Vermelha, erschwert den Zugang zur Aldeia, stoppt Autos und verhört die Insassen. Erst nach einer Intervention des Justizministeriums wurde ein Teil der Truppe abgezogen. Trotz des Drucks beschloss am 05.04. eine Versammlung von 200 Pataxó die Fortsetzung des Werks. Das Monument wird auf jeden Fall verwirklicht. Das haben wir entschieden, so Neusa Matos Pataxó. Der Kazike der Aldeia, Ailton Alves dos Santos (Carajá) klagte gegenüber der Zeitung A Tarde: Sie haben ein Kreuz aufgestellt, das nichts mit den Indios zu tun hat. Wir haben nicht einmal die Freiheit, auf unserem Land ein Symbol oder ein Monument zu errichten, das an die indigenen Völker erinnert.

Die Militäraktion zehn Tage vor der Ankunft der Karawane löste bei Parlamentarier sowie Personen und Organisationen aus dem In- und Ausland heftige Kritik aus. Auch die indigenen Völker aus dem Norde, die bereits nach Santa Cruz Cabrália unterwegs sind, zeigten sich bestürzt über die Zerstörung des Symbols des Widerstandes.

Der Zentralverband der Arbeiter (CUT), der Präsident der Kommission für Menschenrechte der Abgeordnetenkammer, Marcos Rolim und Senator Tião Vianna (PT-AC) lehnten die Aktion ab und richteten eine Erklärung an den Gouverneur von Bahia, César Borges und die Sekretärin für Öffentliche Sicherheit, Cátia Maria Alves dos Santos.

Die Kommission für Menschenrechte forderte von der Staatsanwaltschaft der Republik für Bürgerrechte in Brasília, Verhandlungen mit der Regierung von Bahia und der Militärpolizei aufzunehmen, um die Gründe für die militärische Aktion zu klären und den sofortigen Abzug der Soldaten zu veranlassen. Im Auftrag der Legislativen Versammlung von Bahia begab sich der Abgeordnete Edson Duarte (PV) nach Cabrália, um Gespräche mit der Gemeinschaft zu führen.

Ohne überzeugende Erklärung informierte die Bundesregierung die Journalisten, dass der Künstler Dan Baron, als Beitrag der Gemeinschaft ein Monument in Abwesenheit der Pataxó herstellte. In Briefen an die lokalen Autoritäten bezeichneten die Pataxó das Konzept sowie die Ausführung des Werkes als ihre Initiative. Während der Indigenen Konferenz wollen sie an die Völker Brasiliens ein Denkmal übergeben, das Ausdruck des indigenen Lebens und Widerstandes auf dem südamerikanischen Kontinent ist. Offizielle Reaktionen darüber sind bisher noch nicht bekannt.

Internationale Kampagne der Pataxó Hã-Hã-Hãe

Mit einer Unterschriftenaktion und einer Fotoausstellung eröffneten die Pataxó Hã-Hã-Hãe am 06.04. in Itabuna (BA) eine internationale Kampagne für die Regelung ihres Gebietes. Die Indios wollen auf ihre Situation hinweisen und Druck ausüben, damit der Oberste Gerichtshof die seit 1982 anstehenden Verfahren zur Nichtigkeitserklärung von Besitztiteln endlich erledigt. Auch wollen die Pataxó von der Bundesregierung die Garantie der physischen Integrität der Gemeinschaft, an die immer wieder Morddrohungen gerichtet werden und deren Gebiet seit September 1999 von der Militärpolizei von Bahia invadiert ist. Am 16.04. findet in Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates, ein Aktionstag statt.

Brasília, 06. April 2000
Indianermissionsrat - CIMI



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