Info-Brief  Nr. 402

Fazendeiros demütigen Schwestern und Indios

Die Bundespolizei untersucht einen hinterhältigen Angriff gegen neun Indios, darunter drei Kinder sowie Sirley Weber und Edna Pitarelli, Missionarinnen der Kongregation Dienerinnen des Heiligen Geistes, die am 04. März in das Gebiet Ananás unterwegs waren, 200 km von Boa Vista entfernt. Laut Aussage von Sirley Weber vor Kommissar Oscar Yuiti Kouti waren sieben Fazendeiros unter den 30 Angreifern. Deren Anwälte verdrehten die Fakten und machten aus den Opfern Täter. Der Anwalt von Fazendeiro Luís Laranjeira, Moacir Bezerra, beantragte die Archivierung des Prozesses und versuchte, Sirley Weber zu verleumden.

An jenem Karnevalssamstag erlebten die Indios und die Schwestern schlimme Momente. Das Fahrzeug der Diözese wurde auf einer Brücke von 30 Männern angehalten mit der Drohung, man würde das Auto in den Fluß stoßen. Mit Prügel und Messer bewaffnet hielten sie Indios und Schwestern eine Stunde lang in Schach und beschimpften sie ordinär.

Die angsterfüllten Kinder weinten. Danach zerrten sie die Schwestern aus dem Fahrzeug, lenkten es in den Fluß und zwangen die Gruppe, 30 km in der Hitze bis zur nächsten Aldeia zu gehen. Die Angreifer folgten ihnen in einem Auto. Schwester Sirley trug ein Diktaphon mit sich und konnte einen Großteil der Beleidigungen aufzeichnen. Sie übergab eine Kopie der Kassette an die Bundespolizei.

Die Schwestern vermuten daß der Überfall dem FUNAI-Verwalter Valter Blós galt, den die Gemeinschaft erwartete und der in letzter Minute abgesagt hatte.

Die Verteidigung von Luís Laranjeira verhinderte einen Petition und forderte den Abzug der Bundespolizei vom Fall aufgrund von Inkompetenz. Er bezichtigte die Diözese des Angriffes auf die Fazendeiros. Die aufgezeichneten Beschimpfungen beweisen allerdings das Gegenteil.

Der Grund für die Konflikte im Bundesstaat ist die Homologation von Raposa/Serra do Sol als zusammenhängendes Gebiet. Die antiindigene Haltung der Bevölkerung wird von Politikern gefördert, die mehrheitlich gegen die Demarkierung auftreten. Politische Gruppen hetzen die Einwohner von Boa Vista auf und besetzten die Kammer der Stadt, um erneut eine Kampagne gegen die Indios, die FUNAI und die katholische Kirche zu starten. Die Gemeinderäte unterstützten die verbalen Angriffe und kritisierten die vermeintliche ÿEinmischungÿ der Kirche in indigene Angelegenheiten. Gemeinderat Otoniel Ferreira ergriff Partei für die Fazendeiros, die seiner Meinung nach nur ihren Besitz verteidigten und ÿdafür nicht beschuldigt werden könnenÿ. Die von PT-Gemeinderat Titonho Bezerra eingebrachte Petition wurde mit zehn gegen vier Stimmen abgelehnt.

Die Bevölkerung von Boa Vista steht unter ständigem Druck. Auf Plakatwänden lesen sie Parolen gegen die Indios und ihre Verbündeten, denen man wiederholt mit Mord drohte.

CIMI und die Diözese Roraima protestieren gegen die Verharmlosung der Angriffe, wollen die Aufklärung des Überfalls sowie die Bestrafung der Schuldigen. Sie bekräftigten ihre pastorale Verpflichtung, an der Seite der Indios für deren Rechte auf ein freies Leben als kulturell unterschiedliche Völker einzutreten.

Richter entscheidet gegen Xukuru

Aufgrund einer Verfügung von Richter Carlos Damião Lessa von der 1. Strafkammer von Pesqueira hat die Militärpolizei die Blockade der Straße PE-219 ohne Gewaltanwendung geräumt. Seit 28.01. lagerten die Xukuru entlang der Straße durch das indigene Gebiet, die Pesqueira (PE) mit dem Bundesstaat Paraíba und der Siedlung Cimbres verbindet. Die indigenen Vertreter haben Teile ihres Gebietes zurückgewonnen, in das die Lebensmittelfabrik Peixe eingedrungen ist. Die Xukuru wollen bis zur Bezahlung der Entschädigungen ihr Lager in der Nähe des Wasserreservoirs aufrecht erhalten.

Richter Lessa erteilte die Verfügung während einer von ihm einberufenen Audienz zur Anhörung in einem anderen Prozeß, den José Cordeiro de Santana (Zé de Riva) gegen die Xukuru anstrengte wegen eines ÿMordversuchesÿ im Februar 1999. Überraschend befragte der Richter die Indios über die Blockade und forderte deren sofortige Aufhebung. Zé de Riva ist verdächtig, den Kaziken Xicão im Mai 1997 ermordet zu haben.

CIMI kritisiert die richterliche Entscheidung zugunsten eines Invasors und Landspekulanten und gegen die indigenen Rechte.

Menschenrechtspreis für Pataxó Hã-Hã-Hãe

Zum Auftakt ihres Nationalen Treffens vom 16. bis 19. März in Luziƒnia (GO) überreichte die Nationale Bewegung für Menschenrechte den 10. Nationalen Preis für Menschenrechte an die Gemeinschaft der Pataxó Hã-Hã-Hãe und Benedito Domingos Mariano (Polizeiamt des Bundesstaates São Paulo). Kazike Gérson Mello nahm die Auszeichnung von den Räten Pierre Toussaint Roy und Maria do Perpétuo Socorro für sein Volk entgegen. Der Preis ist die Anerkennung für die Rückgewinnung von 54.000 ha des indigenen Gebietes im Süden von Bahia. Landkonflikte kosteten das Leben vieler Pataxó-Hã-Hã-Hãe.

Kazike Gérson dankte für die Ehrung und die Unterstützung der indigenen Völker vor allem jetzt, nach 500 Jahren Invasion. In einem Kurzbericht stellte er die aktuelle Situation der Pataxó Hã-Hã-Hãe dar und klagte die wahren Schuldigen für die Gewalt gegen sein Volk an.

Brasília, 16. März 2000
Indianermissionsrat - CIMI



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