Info-Brief  Nr. 398

Brasilien: Die Indigenen Völker - ein Panorama ihrer Situation

Für die indigene Bewegung gibt es keinen Grund zum Feiern. Kurz vor dem Bedenktag 500 Jahre Kolonisierung leiden Völker und Gemeinschaften in vielen Teilen des Landes unter Gewalt, als Folge des Einsatzes für ihre Rechte auf Demarkierung und Regelung von Gebieten frei von Invasionen. Vielfältig sind die Aktionen zur Rückgewinnung von Land, angefangen von Strassensperren bis hin zu Kampagnen zur Beschleunigung von Demarkierungsverfahren, um die Aggressionen zu beenden.

PERNAMBUCO. Die Xukuru belagern noch immer die PE-219. Viele Einwohner von Pesqueira haben sich ihnen angeschlossen. Die Versorgung von Trinkwasser aus einem Reservoir innerhalb des indigenen Gebietes, die Lieferungen der Milchwagen und die Kleinbauern werden nicht behindert. Am 11.02. erhielten die Indios Unterstützung von LKW-Fahrern und Künstlern.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Bundes ist vor Ort zur Anhörung von Indios, um illegale Landverkäufe sowie Gewaltandrohungen im Zusammenhang mit der Blockade der Strasse zu verfolgen. Fazendeiros wollen die Freigabe der Strasse. Die Xukuru werden erst weichen, wenn die Entschädigung ausgezahlt ist und alle Invasoren das Gebiet von 27.555 ha verlassen haben.

Besorgt über die Gewalt, die in der Region zunehmen könnte, startet Amnesty International eine Kampagne, die von den Autoritäten die physische Integrität von Marcos Luidson de Araújo (Kazike) und Zenilda Araújo, Sohn und Witwe des ermordeten Kaziken Francisco de Assis Araújo fordert.

RORAIMA. Die Macuxi, Wapixana, Taurepang und Ingarikó blockieren erneut die Strasse zu den Schürfersiedlungen Socó, µgua Fria, Mutum und zur Gemeinde Uiramutã inmitten von Raposa/Serra do Sol2E Die Sperre vor der Aldeia Pedra Branca gab es bereits Ende Jänner. Sie wurde während der Versammlung des Indianerrates von Roraima (CIR) (01. - 04.02.) und anlässlich des Patroziniums der Gemeinde aufgehoben und wieder eingerichtet nach der Ermordung des Häuptlings der Aldeia Socó, Vítor Simão da Liva durch seinen 17-jährigen, betrunkenen Neffen. Ein Barbesitzer, dem die Gemeinde eine Genehmigung zum Ausschank erteilte, verkaufte beim Fest alkoholische Getränke an Indios, was laut Statut des Indios verboten ist.

Gleichzeitig mit der Strassenblockade kontrolliert der CIR das Verbot von Alkohlverkauf in den Aldeias, verhindert den Zugang von Politikern und Touristen sowie Lieferungen für die illegal eingerichteten Schürfstellen. Die Häuptlinge haben mindestens sechs Fähren beobachtet, die am Oberlauf des Kinô für die Erzausbeutung eingesetzt werden.

MATO GROSSO DO SUL. Die von Tekoha Potrero Guasu vertriebenen Guarani und Kaiowá sind kürzlich zurückgekommen, um das zerstörte Land aufzubauen. Sie klagen über nächtliche Schüsse, mit denen sie eingeschüchtert werden sollen. Fazendeiros üben Druck auf einen Vertreter der Ständigen Arbeitsgruppe aus, die im Bundesstaat Erweiterungen von indigenen Gebieten prüft, und betreiben die Annullierung von Demarkierungsverfahren.

BAHIA. Im Süden des Bundesstaates agiert weiterhin illegal die Militärpolizei im Territorium der Pataxó Hã-Hã-Hãe und umzingelt seit letzten November Indios auf ihrem eigenen Land. Lokalen Medien zufolge ist die Untersuchung der Aufklärung des Todes von zwei Polizisten am 16.11 kurz vor dem Abschluss. Der Bericht lastet den Indios die Verbrechen an. Die Pataxó Hã-Hã-Hãe beklagen den Machtmissbrauch der Militärs, die den Zugang in das Gebiet kontrollieren, Personen durchsuchen und jüngst die Angelausrüstung von Indios beschlagnahmten. Diese Woche veröffentlichten zivile, kirchliche, gewerkschaftliche Organisationen und Parlamentarier ein Manifest zur Unterstützung der indigenen Völker und forderten den sofortigen Abzug der Militärpolizisten, administrative Massnahmen seitens der Bundesregierung zum Schutz der Indios, ihrer Gebiete und ihres Besitzes sowie die Erledigung der seit 1982 beim Obersten Bundesgericht eingebrachten Anträge zur Erklärung der Nichtigkeit von Landtiteln von 396 Invasoren über 54.000 ha, die den Pataxó Hã-Hã-Hãe zustehen.

BAHIA. Im südlichsten Zipfel des Bundesstaates leiden die Pataxó unter dem politischen Druck der Bundesregierung. Sie will den Abzug der Indios vom Gebiet Monte Pascoal, das sie am 19.08.1999 zurückgewonnen haben, um das Territorium für das 'Fest der Entdeckung' vorzubereiten. In der Vorwoche überreichte man den Gemeinschaften einen Vorschlag für einen Vertrag zur Verwaltung des Nationalparkes von Monte Pascoal. Laut Text will die Bundesregierung einem "Konsortium der Indios" eine Art "Provisorischer Rat" die Geschäftsführung übertragen, der begleitet werden soll vom Brasilianischen Umweltinstitut (IBAMA), der FUNAI, den PrÄafekturen der drei Städte in der Region, dem Umweltministerium und Organisationen der zivilen Gesellschaft.

Der Vertrag ist eine Beleidigung für die indigenen Völker und missachtet ihr Recht auf die Demarkierung von Monte Pascoal als indigenes Territorium. Um die Indios schneller zu überzeugen, winkt man mit finanziellen Mitteln für "Entwicklungsprojekte" und garantiert noch die Rückkehr der seit dem Vorjahr gestoppten Arbeitsgruppe, deren anthropologische Erhebungen den Beweis erbringen, dass Monte Pascoal Pataxó-Land ist. Der vorgelegte Vertragsvorschlag stammt bereits vom August 1999, damals unterbreitet vom Direktor für Grundstücksangelegenheiten der FUNAI, µureo Faleiro, der den Abzug der Indios als Bedingung für weiter Verhandlungen forderte. Der einzige Unterschied zum jetzigen Papier.

Nur Aktionen der indigenen Völker in allen Regionen werden die Zurückeroberung ihrer angestammten Territorien garantieren. Kein einziges Fest kann das bewirken. Das Land blickt auf mehr als 500 Jahre Geschichte zurück. Vor 500 Jahren begann der indigene Widerstand.

Brasília, 17. Februar 2000
Indianermissionsrat - CIMI


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